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Kurt-Schwitters-Preis der Niedersächsischen Sparkassenstiftung 2013: Sturtevant. The House of Horrors

sturtevant - Frankenstein sturtevant - Frankenstein

22. September 2013 bis 2. Februar 2014

Mit Sturtevant als Trägerin des Kurt-Schwitters-Preises 2013 wird eine Künstlerin geehrt, die mit großer Insistenz gegen viele Widerstände ihr Werk entwickelt hat. Dabei hat sie unterschiedliche Medien genutzt und immer wieder zentrale Begriffe der künstlerischen Moderne, wie die des Originals oder der Autorenschaft, unterlaufen. Sturtevant ist eine in Paris lebende amerikanische Konzeptkünstlerin (geb. 1930 in Lakewood,Ohio). Bekannt wurde sie durch ihre ‚Wiederholungen‘, für die sie seit den 1960er- Jahren Werke der amerikanischen und europäischen Kunst reproduzierte. Seit 2000 konzentriert sich ihre Arbeit auf die Bereiche Video, Film, Installation und theatralisches Inszenieren. 2011 erhielt sie den Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk auf der Biennale in Venedig. In Hannover zeigt sie „The House of Horrors“ (2010), eine raumgreifende Installation, in der die Besucher wie in einer Art Geisterbahn über mehrere Stationen geführt werden.


Für ihre ‚Wiederholungen‘ seit den 1960er-Jahren fertigte Sturtevant Werke von Künstlern der Pop-Art wie Andy Warhol, Jasper Johns, Robert Rauschenberg und Roy Lichtenstein an. Anders als bei einer Kopie arbeitete die Künstlerin an der ‚Wiederholung‘ des ausgewählten Werkes vorwiegend aus der Erinnerung heraus. Die gleiche Herangehensweise wie die des jeweiligen Künstlers, mit dessen Werk sie sich auseinandersetzte, führte auch Sturtevant zum Ergebnis. Dabei steht der Respekt der Künstlerin vor der Materie des ‚wiederholten‘ Werkes zugleich dessen nahtloser Aneignung entgegen.
In ihrem Schaffen geht es Sturtevant nicht um malerische oder bildhauerische, formale oder inhaltliche, ästhetische oder soziokulturelle Fragen. Ihre Kunst, die die Wahrnehmung zunächst auf die Oberfläche lenkt, befasst sich mit der Idee und dem Denken von Kunst und der Frage nach ihrer Autonomie. Im Spannungsfeld zwischen Wiederholung und Differenz, das einen wichtigen Aspekt im Werk von Sturtevant bezeichnet, regen ihre Arbeiten an, über bestehende Definitionen von Kunst neu nachzudenken.


In europäischen Ausstellungen folgten ‚Wiederholungen‘ von Arman und Martial Raysse, Künstlern des Nouveau Réalisme aus Paris. Zu Auseinandersetzungen mit Künstlern und ihren Erben kam es, als Sturtevant Werke von Claes Oldenburg oder Joseph Beuys wiedererschuf. Der Rückzug in ein Jahrzehnt des künstlerischen Schweigens führte sie Ende der 1980er-Jahre schließlich zur Kunst zurück, in eine offene Distanzierung zur „Appropriation Art“ der New Yorker Szene. Indem sie selbst als handelnde Figur in ihren ‚Wiederholungen‘ auftrat, distanzierte sich Sturtevant im Folgenden auch von den von ihr genutzten künstlerischen Originalen.
Ab der Jahrtausendwende begann Sturtevant mit ihrer Arbeit im Bereich Video und Film, mit ihren Installationen und präzisen theatralischen Inszenierungen. Mit der Präsentation ihrer Wiederholungen von Gemälden und Skulpturen bezog sie sich immer wieder auf faktische Ereignisse der Kunstszene. Es sind Präsentationen entstanden, die wie Installationen funktionieren.


In den letzten Jahren erweiterte sich dabei ihr medialer Arbeitsrahmen. In Deutschland ist sie seit den 1980er-Jahren durch Ausstellungen in der Galerie Paul Maenz und ihrer großen Retrospektive im Frankfurter Museum für Moderne Kunst 2004 bekannt Das Sprengel Museum Hannover zeigt die raumgreifende Installation „The House of Horrors“
aus dem Jahr 2010, die im Stil einer klassischen Geisterbahn angelegt ist. Sturtevant führt in ihr Elemente ganz unterschiedlicher Herkunft zusammen: Themen aus ihrem Werk
und Zitate aus den Massenmedien und der Werbung, der Filmgeschichte und Comics. In den Zitaten aus dem eigenen Werk sind zudem künstlerische Werke Dritter präsent. Sturtevant begibt sich so in „The House of Horrors“ in ein Zeitkontinuum, das weit zurückreicht und autobiografische Züge trägt; ist doch die ausgewählte Instanz für alle Elemente, die hier verwendet werden, die Künstlerin selbst. Der Sound trägt zum Erleben bei, wenn die Besucher in Wagen aus einer echten Geisterbahn durch die Installation fahren. Sie treffen zuerst auf Paul McCarthys „Painter“. Begleitet von Orgelmusik taucht Frankensteins Monster aus der Dunkelheit auf. Ein abgetrennter Kopf stöhnt und seufzt, er ist dem Kopf eines Toten nachgestaltet, neben dem sich der Künstler Damien Hirst als 16-Jähriger fotografieren ließ. Weiter geht es zu einer Station, die Sturtevants Werk „Raw Power or Hate Kill Falsity“ nachgestaltet ist.


Schließlich erscheint die Dragqueen Divine hinter ihrem Hündchen, in Anspielung an die skandalöse Schlussszene des Films „Pink Flamingos“ von Kultregisseur John Waters. Die
Fahrt endet klassisch mit einem zappelnden Skelett. Die zeitliche Dauer, in der das Werk angelegt ist, ist ein grundlegender Aspekt, der die Wahrnehmung des Betrachters mit bestimmt. Die einzelnen Stationen sind im raschen Wechsel von An- und Aufsichten für den Betrachter zu erfahren, ein Modus, der an die Videos und an das filmische Arbeiten der Künstlerin erinnert. Sturtevant hat in diesen Medien kontinuierlich ablaufende Erzählungen entwickelt, in denen Zitate aus dem eigenen Werk sowie aus Kultur, Gegenkultur und Gesellschaft aufblitzen. In Rhythmen und schnellen Schnitten werden sie in dezidiert wiederholt und variiert. „The House of Horrors“ überführt diesen Ansatz in eine streng reglementierte Komposition, in die der Betrachter eingeführt und durch die er hindurchgeleitet wird.
Der Kurt-Schwitters-Preis der Niedersächsischen Sparkassenstiftung 2013 wird anlässlich der Installation der Künstlerin am 22. September 2013 im Sprengel Museum Hannover verliehen.

 

Veranstaltungsprogramm
Führungen


Sonntags, 11.15 Uhr
Dienstag, 8. Oktober 2013, 18.30 Uhr


Kuratorenführung mit Ulrich Krempel
Donnerstag, 5. Dezember 2013, 12-Uhr-Mittags
mit Ulrich Krempel


HerbstFerienaktion
8. bis 11. Oktober 2013, 10.00 – 16.00 Uhr
Geisterbahn – „The House of Horrors – Reloaded“
Es ist der Moment des Gruselns! Man biegt um die Ecke und weiß nicht, was einen als nächstes erwartet. Sturtevants Geisterbahn ist schon ganz schön abgefahren!
Das können wir auch, aber mit der Kamera. Ihr entwickelt Horrorszenarien und -effekte: Geisterbahnfahrt, wie sie nur in einem Kunstmuseum entstehen kann.
Nichts für Angsthasen!
mit Katja Krause und Antje Futterschneider
Für Kinder ab 10 Jahren
Teilnahmegebühr: 16 €, Anmeldung unter Tel. (0511) 168 – 4 46 46

Werkstatt am Samstag, jeweils 14 – 17 Uhr
Für Kinder, Eltern, Großeltern von 3 bis 99 Jahren
Die Geister, die ich rief!
Was sind eigentlich Geister – groß, klein, hässlich oder komisch? Das wollen wir gemeinsam in der Geisterbahn von Sturtevant herausfinden, und dann gestalten wir unsere persönlichen Geister!
7. Dezember 2013, mit Katja Krause
14. Dezember 2013, mit Antje Futterschneider
Teilnahmegebühr: 5 € pro Familie + Eintritt

Quelle: Sprengel-Museum Hannover

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